Eine Reise von Jerusalem bis nach South Carolina

Open Air  Nabucco, Der Troubadour, Aida und Porgy and Bess standen beim vierten „Klassik am See“ auf dem Programm.
 von Michael Busch, FT

Dechsendorf - Es ist der Charme des Open-Air, des Musikgenusses unter freiem Himmel. Inmitten der Natur, Vögelgezwitscher im Hintergrund, das Tremolo auf der Bühne. Ein Flugzeug, das ausgerechnet beim pianissimo, viel zu langsam, aber dafür lautstark über den Schauplatz fliegt. Die Gäste am Dechsendorfer Weiher genossen das Konzert „Klassik am See“ und verziehen auch so manche musikalische Schwächen, die zum Teil an der Musikanlage lagen, zum Teil an der Hitze, die die Orchestermusiker, ebenso wie die Chormitglieder mitnahm.

 

Dabei hatten die Veranstalter bei der vierten Auflage dieser Veranstaltung auf die „leichteren“ Stücke gesetzt. Nabucco, Der Troubadour und Aida , allesamt von Giuseppe Verdi (1813 - 1901), standen auf dem Programm. Die Chöre der Kantorei St. Matthäus und des Projektchors Herzogenaurach sowie die Nürnberger Symphoniker begeistert en unter der Leitung des Dirigenten Gerhard Rilling.

 

Eine Abschiedsvorstellung

Dieser stand letztmalig auf der großen Bühne, da er sich mit diesem Konzert in den Ruhestand verabschiedete. Eröffnet wurde das Sommerspektakel mit der Arie des Zacharias, „Come notte a sol Fulgente“. Und bereits hier erkannten die über 3500 Gäste, dass der Star des Abends der Bariton Stefan Sevenich sein dürfte. Mit Inbrunst intonierte er seine gesamten Stücke. Der Eindruck entstand, dass er nicht nur einfach handwerklich seine Arbeit absolvierte, der Funke sprang über, weil er die Figuren auslebte. Er war Zacharias, er war Ferrando und er war Amonasro. Mit kräftiger Stimme, die sicher auch dazu führte, dass der Chor im Hintergrund leicht verblasste, entführte er die Zuhörer in die Zeit Verdis und dessen Vorstellungen von Musik.

Beeindruckt durch die unglaubliche Stimme, startete der Chor beim berühmten „Gefangenenchor“ e her zurückhaltend, sehr sopranlastig. Erst nach einiger Zeit fanden die Sänger zu den Stärken ihrer Stimmen und überzeugten mit den eigentlich gewohnten Qualitäten des Projektchors Herzogenaurach und der Kantorei St. Matthäus. Die Prophezeiung des Zacharias aus dem dritten Akt versöhnte dann endgültig.

Aus dem Troubadour wurde der Eingangschor und die Cavantine des Ferrando „Di due figli vivea, padre beato“ vorgetragen. Der Wechselgesang zwischen dem Chor und Stefan Sevenich fügte sich in eine Dämmerung ein, die durch das gewittrige Umfeld eine sehr eigene Stimmung heraufbeschwor. Das Zigeunerlager wurde lebendig. „Seht, wie die Wolken am Himmel ziehen bald lacht uns freundlicher Sonnenschimmer; seht wie die Schatten zur Ferne schon fliehen, wie alles strahlet im gold'nen Flimmer.“ Wo kann solch ein Satz passender sein, als bei einem Konzert unter dem Himmelszelt?

 

Porgy and Bess folgen Aida

Die Krönung des ersten Teils stellte dann Aida dar. Verdis Oper Aida war ein Auftragswerk bestellt durch Khediven Ismail Pasha, Vizekönig in Ägypten, anlässlich der Eröffnung des Suez-Kanals im Jahre 1869. Sprich: Verdi komponierte bewusst für den Vortag im Freien. Auch wenn zur Eröffnung des Kanals Rigoletto gespielt wurde, da Verdi mit der Auftragsarbeit nicht fertig wurde, schien die Reise für eine gute halbe Stunde in das ferne Ägypten zu gehen. In der Rolle der Aida brillierte Sally du Randt. Die in Südafrika geborene Sopranistin ist seit 1996 in Europa. Ihre Stimme wanderte die Tonleitern auf und ab, ohne jegliche Anstrengung – so schien es.

Im Wechsel mit Amonasro boten die beiden Künstler die gesamte Bandbreite ihres Könnens dar. Als ob sie tagtäglich miteinander singen, als ob sie mit dem Chor und dem Orchester und dessen Dirigent Gerhard Rilling stets auf Tournee sind, absolvierten sie das perfekte Zusammenspiel.

Keinerlei Kakophonie trübte das Musikvergnügen. Der Chor, und hier handelte es sich tatsächlich um die schlecht eingestellte Anlage, verhallte ab und zu im hinteren Teil des speziellen Musikzeltes – schade für den Gesamteindruck.

Der Sprung in den zweiten Teil war nicht einfach – weder für Musiker noch für das Publikum. George Gershwin auf Verdi, ein extremer musikalischer Sprung. Aber machbar, wie das Ensemble auf der Bühne bewies. Die Konzertfassung von Porgy and Bess zog die Zuhörer und -schauer nach einer Stunde Pause wieder fest in ihren Bann. Und wiederum die strahlende Figur des Stückes war der in Neuwied geborene Bariton. Er entführte das Publikum nach South Carolina, er ließ das Publikum mit dem verkrüppelten Porgy mitleiden. Sally du Randt arbeitete ihre Texte handwerklich ab. Es fehlte der für Gershwin nötige „Soul“, das Gefühl im Lied, das Leben des Vorgetragenen.

Der Chor überraschte mit dieser Leichtigkeit. Die spirituellen Gesänge, das Rhythmische – der Chor hatte Spaß und konnte diesen gekonnt auf die Anwesenden übertragen. Und vielleicht war es in diesem Zusammenhang ganz gut, dass das abschließende Höhenfeuerwerk nicht von der klassischen Händelschen Feuerwerksmusik begleitet wurde, so erhielt sich das Gefühl des letzten Stückes. Oder wie ein Stammgast in einem Fazit zum Abend erklärte: „Carmina Burana is back!“ 

 

                                         Nacht der Chöre verzaubert Publikum          Fränkischer Tag

Open Air   Eines der schönsten Freiluft-Klassik-Konzerte fand am Mittwochabend am Dechsendorfer Weiher statt. 

Der Dirigent Gerhard Rilling erntete stehenden Applaus.

 von Michael Busch, FT

Dechsendorf - Es sind Opern, die einfach in die Natur passen. Es gibt Stücke, die müssen im Opernhaus gehört werden, es gibt aber auch Verdi. Und dieser hat Nabucco, Der Troubadour und Aida für die Intonierung unter dem Himmelszelt geschrieben. Die Stücke leben von der natürlichen Geräuschkulisse, vom Wind, der über den Konzertplatz weht und den Musikfetzen, die im Wald widerhallen.

Klassik am See mit dem FT als Medienpartner rief die Open Air Klassikfans bereits zum vierten Mal auf an den Großen Bischofsweiher (Dechsendorfer Weiher) zu strömen, um dort dem Chor der Kantorei St. Matthäus, dem Projektchor Herzogenaurach und den Nürnberger Symphonikern zu lauschen. Sopranistin Sally du Randt und Bariton Stefan Sevenich überzeugten unter anderem in den Rollen des Ferrand, der Aida und des Zacharias.

Ein gewaltiger musikalischer Sprung erfolgte nach der Pause. Die Konzertfassung George Gershwins „Porgy and Bess“ stand auf dem Programm. Hier drängte Bariton Sevenich die Chöre und das Orchester fast in den Hintergrund. Er lebte seine Rolle und offerierte dem Publikum den Spaß am Gesang.

Stehenden Applaus gab es für den Dirigenten Gerhard Rilling. Der Kantor an der St. Matthäuskirche Erlangen und künstlerische Leiter des Philharmonischen Chores Nürnberg hatte im Vorfeld erklärt, dass er bei Klassik am See letztmalig dirigieren werde. Das Publikum honorierte dessen Wirken, aber auch die Arbeit der Musiker, Sänger und Solisten. Über 3500 Zuschauer und -hörer hatten sich zu der Veranstaltung eingefunden.

Nicht das größte, aber das schönste Klassik-Open-Air-KONZERTERLEBNIS

3500 Besucher genossen das klassische Ereignis am Dechsendorfer Weiher.

 von Bernhard Panzer, FT


Dechsendorf - „Petrus ist ein Klassik-Fan!“ Die Moderatorin Tatjana Engelhardt war sichtlich erleichtert, als sie nach einem wunderschönen Sommerabend das abschließende Hochfeuerwerk ankündigen konnte. Denn trotz einer Unwetterwarnung kurz vor Beginn des Konzerts hielt der Himmel dicht. Vielleicht drei Tröpfchen verirrten sich nach Dechsendorf, während anderswo in der Republik die Stürme tobten und auch in Nürnberg der Regen darnieder prasselte. Schaeffler-Boss Dr. Jürgen Geißinger konnte dies in der VIP-Lounge ganz exklusiv verkünden, war er doch kurz zuvor in Nürnberg von einem Aufenthalt in Brüssel gelandet.

„Klassik am See“ wurde bei herrlich lauen Temperaturen von 3500 Gästen genossen. Unter ihnen auch wieder viel lokale und regionale Prominenz. Mit lauten Begeisterungs-Rufen des projektchors herzogenaurach wurde Bürgermeister Hans Lang empfangen, der sich nach einem höflich-braven „Dank für das freundliche Entree“ schon zur Feststellung hinreißen ließ, dass dieser Abend ein „musikalisches Feuerwerk“ werden würde. Da war allerdings noch lange nicht klar, dass das Wetter auch halten würde. Doch Lang ahnte einfach, dass an diesem Abend nichts schief gehen konnte.

Landrat Eberhard Irlinger, ebenfalls Schirmherr der Veranstaltung, begrüßte die Gäste gar euphorisch auf Erlangen-Höchstadter Wiese. Er stellte fest: „Ihr sitzt im Landkreis, meine Damen und Herren aus Erlangen“, brach anschließend eine Lanze für die Bedeutung der Musik in der Erziehung und fand damit das Lob der Moderatorin, die Irlinger eine „flammende Rede an einem ohnehin heißen Sommerabend“ bescheinigte. „Historisch“ mag vielleicht Irlingers Behauptung werden, dass die Nürnberger zwar das größte Klassik-Festival in der Region haben, das Open-Air am Dechsendorfer Weiher aber zweifellos das Schönste sei.

Da muss natürlich das Wetter mitspielen – das tat es. Aber auch der Weiher muss brav bleiben – und der hielt sich trotz der Algenplage immerhin noch halbwegs zurück. Dennoch: das etwas modrige Lüftchen am Ufer wehte vom Weiher herüber, aber nicht etwa von den Toiletten; denn diese verströmten einen angenehmen Geruch von Kinderkaugummi.

Viel politische Prominenz fand sich ein, darunter natürlich der dritte Schirmherr, Erlangens Oberbürgermeister Siegfried Balleis, der mit Gattin Angelika während Langs Rede herbeieilte.

Den Bundestag vertraten erstmals Jörg Rohde aus Hesselberg von der FDP und zum wiederholten Stefan Müller von der CSU. Gemeinsam mit seiner schwangeren Frau Christine erlebte er den ersten Teil des Konzerts.

Weitere Gäste: Polizeidirektor Gerhard Kallert, Sparkassenchef Reiner Reinhardt mit seinem Vorgänger Alfred Bomhard, Horst Amon von der Raiffeisenbank Seebachgrund, Landtagsabgeordnete Christa Matschl und ihr Vorgänger Christoph Maier und aus der Welt des Showbizz Birgit von Bentzel, RTL-Moderatorin.

Lohnt sich ein solch großer Aufwand überhaupt? Diese Frage stellte sich gar mancher Gast angesichts der wirklich überzeugenden logistischen Vorarbeit. Eine Nacht, und alles ist vorbei. Geht das nicht anders?

Man habe schon Überlegungen angestellt, verschiedene Programme auf mehrere Tage verteilt anzubieten, ließ Projektleiter Jan Dinger anklingen. Vielleicht nächstes Jahr zusätzlich ein Popkonzert? Die Idee ist es wert, weiter verfolgt zu werden.

Ein klein bisschen Pop war beim Klassikkonzert auch dabei. „Summertime“ am Anfang des Gershwin-Teils beispielsweise, aber auch die Zugabe danach. „I can't sit down“ sangen die Chöre, und rhythmisches Klatschen im Publikum stellte sich ein, um sofort in „standing ovations“ überzugehen.

So konnte Jan Dinger ein begeistertes Publikum vor dem großen Höhepunkt, dem beeindruckenden Feuerwerk, gerne mit den Worten verabschieden: „Auf Wiederhören bis zum nächsten Jahr.“

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